“Der Media Markt Passau durfte Schülern in einer Zeitungsanzeige eine Kaufpreisermäßigung von zwei Euro für jede «Eins» im Zeugnis versprechen. Der Bundesgerichtshof erachtet die Werbeaktion für zulässig. Anders als der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) verneinen die Richter eine unangemessene unsachliche Beeinflussung der von der Werbung angesprochenen Schulkinder. Die «Zeugnisaktion» des Elektronik-Fachmarktes habe auch nicht deren geschäftliche Unerfahrenheit ausgenutzt” (Urteil vom 03.04.2014, Az.: I ZR 96/13, noch nicht veröffentlicht). Weiterlesen: http://beck-aktuell.beck.de/news/bgh-media-markt-durfte-schulkindern-rabatt-f-r-jede-eins-im-zeugnis-versprechen
Möglicherweise hat die “Zeugnisaktion” nicht die geschäftliche Unerfahrenheit der Einsen-Schreiber ausgenutzt. War sie unangemessen unsachlich? Wenn Sachlichkeit etwas mit den beworbenen Produkten zu tun haben sollte – was nahe läge, steht das Wort sachlich doch in Beziehung zur Sache -, so bliebe die Frage nach der Unangemessenheit der vorliegenden Unsachlichkeit. Unangemessen ist einer der wertungsanfällligsten Rechtsbegriffe überhaupt, und mag im Kontext mit Kinder beeinflussender Werbung fast schon zynisch erscheinen: Wann ist es angemessen, Kinder in unsachlicher Weise zum Konsum anzuregen?
Vor dem Hintergrund der Leistungsgesellschaft mag man werten, dass eine Belohnung für Einser im Zeugnis sachlich angemessen ist. Doch sollte diese Entscheidung nicht den Erziehungsberechtigten vorbehalten bleiben?
Hinzukommt die kausale Verknüpfung zwischen – unterstellt – Fleiß, Ehrgeiz und Leistungsbereitschaft auf der einen Seite und Konsum zu immer geringeren Preisen auf der anderen Seite. Dadurch wird überaus deutlich signalisiert: In unserer Gesellschaft kann sich mehr leisten, sich mit mehr materiellen Gütern umgeben, mehr Statussymbole anhäufen, wer fleißig, leistunsgbereit und – innerhalb des bestehendes Schulsystems – angepasst ist.
Ideale Verhaltensmuster für eine wachstumsgetriebene Marktwirtschaft, die frühzeitig verfestigt werden. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, ist sachlich in der Tat nichts gegen die Werbekampagne einzuwenden.